3. Könnte ein Mitglied einen solchen Verschiebungsbeschluss anfechten?

Formell könnte das ein Mitglied laut ZGB schon tun, aber ohne Erfolg. Die aktuellen Umstände sind stärker zu werten als allfällige statutarische Bestimmungen. Mit einer solchen Verschiebung würden die Rechte der Mitglieder nicht verletzt: Die Abweichung von gesetzlichen bzw. von statutarischen Vorschriften wäre nicht rechtswidrig, da klare Rechtfertigungsgründe bzw. sogar entsprechende Verpflichtungen (Schutz der Gesundheit) bestehen.

Ausführliche Antwort von Prof. Dr. iur. Urs Scherrer:

«Da bei Nicht-Einberufungen von Versammlungen oder Absagen aufgrund der aktuellen Notsituation die Statuten oder die Vereinsusanz (Gewohnheit – Gewohnheitsrecht) verletzt werden, könnte an sich argumentiert werden, dass die Verletzung von Satzungs- oder Gewohnheitsrecht zu einer Anfechtung eines entsprechenden Beschlusses führen könnte.

Das könnte formell zu Anfechtungsklagen gemäss Art. 75 ZGB führen. Da entsprechende Beschlüsse in den Vereinen aufgrund der speziellen Situation gefällt werden oder worden sind, kann nicht von Statuten- oder Gesetzesverletzungen im herkömmlichen Sinne gesprochen werden. Das nicht befolgte Gesetzes- und statutarische Recht ist durch den Ausnahmezustand derogiert worden, weshalb solche Klagen keine Aussicht auf Erfolg hätten, zumal die ratio legis von Art. 75 ZGB derartige Situationen nicht fokussiert. Es würden so zweifelsfrei auch keine Mitgliedschaftsrechte verletzt, sondern die Abweichung von Gesetzes- und statutarischem Recht könnte nicht als rechtswidrig qualifiziert werden. Es bestünden also klare Rechtfertigungsgründe bei derartigen Verletzungen von Statuten und/oder Gesetzen.»