Dienst nach Vorschrift oder Parkbussen-Lockerung?

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Es war kein Aprilscherz: In vielen Städten darf während der Corona-Krise gratis parkiert werden. Auch die Stadtpolizei Zürich beziehungsweise das Sicherheitsdepartement ist bitterernst – doch in umgekehrter Richtung. Hier sträubt man sich humorlos gegen Konzessionen ans Gewerbe. Die Abteilung ruhender Verkehr verteilt weiterhin rigoros Parkbussen.

Kleinere Städte wie Schaffhausen oder Frauenfeld, teilweise sogar Basel (auf 300 Parkplätzen), gehen mit gutem Beispiel voran: Sie erlassen auf dem gesamten Stadtgebiet das Parkieren. In Schaffhausen gilt die Regelung seit dem 1. April. Auch wenn just an jenem Tag eine gefälschte Medienmitteilung der Kantonspolizei Schaffhausen in Umlauf war, wonach die Polizei nun «Rekordeinnahmen aus Parkbussen» vermeldet habe, weil es sich bei der Gebührenbefreiung nur um einen Scherz gehandelt haben soll. Dass die Gebührenbefreiung ein Jux war, dementierte die Kantonspolizei gegenüber «20 Minuten» aber umgehend: «Das ist definitiv kein Aprilscherz.»

Und wie steht es mit Corona-Sonder-Parkregimes in Zürcher Städten und Gemeinden? In Bülach sind seit dem 25. März alle Parkplätze auf Stadtgebiet gebührenfrei, in Wetzikon darf zumindest tagsüber auf öffentlichen Parkplätzen gratis parkiert werden,. In Zürich und Winterthur dürfen nur Mitarbeitende der Grundversorgung mit einer Bewilligung auf dem gesamten Stadtgebiet gratis parkieren. Dazu zählen neben Angestellten des Gesundheitswesens auch die Mitarbeiter städtischer Behörden oder Bankangestellte.

Keine Spezialbewilligungen – schon gar nicht gratis

Am 19. März 2020 teilte die Stadtpolizei Zürich mit, dass Mitarbeitende des Gesundheitswesens und der Grundversorgung ab sofort gratis parkieren könnten. Dafür notwendig ist eine Spezialbewilligung, die bei der Stadtpolizei zu beantragen ist. Unklar bleibt aber, wie die erforderliche Bedingung (Mitarbeitende der Grundversorgung) genau zu belegen ist. Der Bezug auf die COVID-19-Verordnung 2 des Bundes ist aus Gewerbesicht «völlig ungeeignet.» Diese Bestimmung bezieht sich nur auf Ausnahmen vom Öffnungsverbot von Einrichtungen. Es bleibt beispielsweise unklar, wie das Gesuch eines Spengler-Unternehmens – Handwerksbetriebe sind nicht in Art. 6 Abs. 3 COVID-19-Verordnung 2 aufgeführt – gehandhabt wird.

Die Stadtpolizei liess ihrer Ankündigung, die eher eine Drohung gleichkommt, jedes Gesuch «sorgfältig» zu prüfen, auch an der Parkplatz-Front Taten folgen. Und die Hoffnung auf Kulanz wich dem Frust. Handwerker, welche die Versorgung in der Stadt Zürich aufrecht erhalten, werden nach wie vor eifrig gebüsst – Spezialbewilligungen gibt es nicht. «Sie gehören nicht zur Grundversorgung», ärgert sich Nicole Barandun, Präsidentin des Gewerbeverbands der Stadt Zürich, auf Twitter.

Prompt twittert die Stadtpolizei staatsmännisch zurück: Gerade in diesen Zeiten sei es wichtig, dass Regeln eingehalten würden. Denn was im Kleinen nicht funktioniere, klappe auch nicht im Grossen. «Wir danken Ihnen für Ihre Arbeit, wir tun auch nur unsere & geben uns die grösste Mühe, allen gerecht zu werden.» Kein Wort davon, dass zum Einhalten der Regeln sowohl Pendler wie auch KMU auf den motorisierten Verkehr angewiesen sind – die einen, weil sie nicht mit dem öV reisen sollen, die anderen, weil sie nicht können. Und weil sie teilweise mit mehreren Geschäftsfahrzeugen unterwegs sind, um die Abstandsregeln einzuhalten.

Aus Gewerbesicht schiesst daher in Krisenzeiten dieser «Dienst nach Vorschrift» übers Ziel hinaus. «Genau in diesen Zeiten wäre das Gewerbe auf Unterstützung und Erleichterung angewiesen. In anderen Städten funktioniert das und es wird nur dort gebüsst, wo es stört», twittert Barandun zurück. Und sie tritt nach: «In zahlreichen Städten geht es easy, nur in Züri nöd. Zwingli hätte seine wahre Freude.»

Wenige Tage zuvor hatte bereits das Forum Zürich, die Plattform der Wirtschaftsverbände aus Stadt und Kanton Zürich, Stadtpräsidentin Corine Mauch und Sicherheitschefin Karin Rykart am 26. März aufgefordert, in der menschenleeren Stadt auf die Kontrolle des ruhenden Verkehrs zu verzichten und das Ausstellen von Parkbussen auszusetzen. Aus Sicht des Forums Zürich ist die Massnahme zwar gut gemeint, aber mit Blick auf die tatsächlichen Herausforderungen der in der Stadt Zürich tätigen Betriebe «ungenügend und unverhältnismässig bürokratisch.»

Im gleichen Schreiben forderte das Forum, fürs Gratis-Parkieren dieselbe Spezialbewilligung für sämtliche Unternehmen grosszügig zu erteilen. Diese sind auf Betriebe, die in Art. 6 Abs. 3 COVID-19-Verordnung 2 namentlich aufgeführt sind, beschränkt. Das Forum verknüpfte die Forderung gleich mit dem Wunsch nach einer unbürokratischen Lösung, bei der Stadtpolizei einen Online-Direktlink sowie ein einfaches Online-Formular zur Verfügung zu stellen oder die Spezialbewilligungen gleich elektronisch und zum selber Ausdrucken zu ermöglichen. Eine Spezialbewilligung wäre allerdings faktisch wohl  hinfällig, wenn aufs Bussen verteilen verzichtet werden würde – das Parkieren wäre dann schliesslich für alle gratis.

«Absolutes Unverständnis»

Wie dem auch sei: Die emsig weiter Bussenzettel ausfüllenden Mitarbeitenden der Abteilung «Kontrolle ruhender Verkehr» in der Stadt lösten «absolutes Unverständnis» aus. «Nicht nur bei Unternehmen, die einschneidenden Restriktionen und Vorschriften unterliegen, sondern auch bei weiten Teilen der Bevölkerung», schreibt Robert Gubler, Vorsteher des Forums Zürich. Dies umso mehr, als dass diverse Städte im Kanton Zürich bereits auf das Erteilen von Parkbussen verzichteten.

Die Kontrolle des ruhenden Verkehrs könne wahrlich nicht als Teil der Grundversorgung verstanden werden. Bei einigen kleinen KMU löst auch Kopfschütteln aus, dass beispielsweise die Banken auch dazu gehören sollen, ein Blumenladen aber nicht. Dem Gewerbe, das arbeiten kann, soll das Arbeiten in der schwierigen Krisenzeit möglichst erleichtert werden, so der Tenor beim Forum Zürich und beim GVZ. Ob die Stadt der Bitte um rasche Umsetzung nachkommen wird, bleibt abzuwarten. Bislang blieb der Wunsch des Gewerbes unerwidert. (mg.)